(C)dagmar zechel / pixelio |
Immer wieder begegnen mir Menschen, die
mir erzählen, dass sie nicht weinen können? Wieso ist das so? Was
hindert uns daran, Tränen fliessen zu lassen? Was hält uns zurück,
unseren Gefühlen auch durch das Weinen einen Ausdruck zu geben? Wir
wurden doch nicht ohne Grund mit Tränenflüssigkeit ausgestattet.
Ich kenne das auch sehr gut von mir.
Oftmals hatte ich einfach nur Angst davor im Meer der Tränen zu
versinken, aus diesem Schmerz nicht mehr herauszukommen. Nicht mehr
in der Lage zu sein, mein Leben weiter zu leben und immer in einer
Traurigkeit zu sein. In der Vorstellung, Weinen würde nie aufhören.
Dann kommen jedoch Situationen in mein
Leben die mich aufbrechen, egal ob es ein Film ist, der mich zu
Tränen rührt, oder ein traurige Nachricht, die mich erreicht. Oder
auch ein sehr liebevolles, berührendes Gespräch, das mich zu Tränen
rührt. Hier werden meine Gefühle angesprochen, egal welche, sie
suchen immer einen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. Und wenn
wir uns ihnen nicht zuwenden, verhärten sie, setzen sich im Körper
fest, schmerzen. Vielleicht mit der Zeit so arg, dass wir dadurch
aufbrechen und ins Weinen kommen.
Und manchmal kommen die Tränen einfach
so, ohne offensichtlichen Grund, sie wollen einfach raus. Wenn wir
dann beginnen zu analysieren, unterbricht es diesen natürlichen
Fluss sofort.
Weinen ist nicht peinlich, zeugt auch
nicht von einer Schwäche. Weinen zeigt Deine Berührbarkeit! Weinen
bringt uns wieder in Fluss, reinigt uns. Hast Du schon einmal so
richtig herzhaft weinen müssen? Kennst Du dann die Erfahrung, wie
erschöpft wir uns danach fühlen können? Das ist keine Erschöpfung
weil das Weinen uns so anstrengt, es zeigt Dir auf, welche
Anstrengung und Anspannung zuvor in Dir drinnen war, die sich durch
den Fluss der Tränen aus Deinen Körper lösen konnte!
Wieso also erlauben wir uns Tränen
nicht?
Kennst du den Satz „Ein Indianer
kennt keinen Schmerz“? Ich habe ihn zu genüge gehört, wenn ich
als Kind weinen musste. IndianerInnen waren meine grossen Vorbilder,
also habe ich gelernt, nicht mehr zu weinen und wenn es nicht anders
ging, dann ganz still und heimlich irgendwo, wo mich keiner gesehen
hat. Wollte ich doch anderen gegenüber Stark sein.
Oder hast Du auch öfter die Sätze
vernommen „Reiss´ Dich zusammen, anderen geht es noch viel
schlimmer“? Oh ja stimmt, die anderen, die anderen, wie kann ich
nur meinem eigenen Schmerz so viel Wert beimessen.
Vielleicht hast Du Dich jedoch mit der
Zeit selbst davon überzeugt, dass es keinen Grund gibt zu weinen,
denn aus spiritueller Sicht hast Du Dich ja selbst in diese Situation
gebracht, die Dir jetzt evtl. Schmerz zufügt, also selber Schuld!
Nicht der Tränen wert, findest bestimmt irgendeine Methode,
Meditation oder Seminar um aus dieser Situation wieder heraus zu
kommen. Auch eine ziemlich doofe Überzeugung, oder … ? Mir selbst
trotzdem sehr bekannt.
Tränen sind wie Flüsse, sie waschen
uns rein. Es gibt keinen Grund dich davor zu fürchten, Dich
lächerlich zu fühlen oder dass es Dir sogar peinlich sein muss.
Ich kann dir heute aus Erfahrung sagen,
Tränen haben ein natürliches Ende. Wir versinken nicht in einem
endlosen Meer darin. Sie kommen, sie fließen, sie ebben wieder ab.
Sie sind reinigend, bringen uns definitiv wieder in Fluss, heilen
unseren Schmerz und öffnen uns für neue Möglichkeiten. Gib dem
den Raum und die Zeit, die dafür benötigt wird. Du lernst dadurch
immer mehr Deine eigene Berührbarkeit neu kennen, Dich noch mehr von
dem was in Dir und um Dich herum ist, berühren zu lassen. Es ist so
nährend! So befreiend!
Vielleicht kannst Du Dich Deinen
Gefühlen und Deinen Tränen in kleinen Schritten wieder nähern,
indem Du dir erlaubst, dass sie da sein dürfen? Dass sie zu uns
gehören wie die Meere in unserer Welt? Dass es da niemanden gibt,
der Dir das verbieten darf, auch Du dir selbst nicht!
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