Donnerstag, 8. August 2013

Warum weinst Du nicht?

(C)dagmar zechel / pixelio
Immer wieder begegnen mir Menschen, die mir erzählen, dass sie nicht weinen können? Wieso ist das so? Was hindert uns daran, Tränen fliessen zu lassen? Was hält uns zurück, unseren Gefühlen auch durch das Weinen einen Ausdruck zu geben? Wir wurden doch nicht ohne Grund mit Tränenflüssigkeit ausgestattet.

Ich kenne das auch sehr gut von mir. Oftmals hatte ich einfach nur Angst davor im Meer der Tränen zu versinken, aus diesem Schmerz nicht mehr herauszukommen. Nicht mehr in der Lage zu sein, mein Leben weiter zu leben und immer in einer Traurigkeit zu sein. In der Vorstellung, Weinen würde nie aufhören.

Dann kommen jedoch Situationen in mein Leben die mich aufbrechen, egal ob es ein Film ist, der mich zu Tränen rührt, oder ein traurige Nachricht, die mich erreicht. Oder auch ein sehr liebevolles, berührendes Gespräch, das mich zu Tränen rührt. Hier werden meine Gefühle angesprochen, egal welche, sie suchen immer einen Weg, um auf sich aufmerksam zu machen. Und wenn wir uns ihnen nicht zuwenden, verhärten sie, setzen sich im Körper fest, schmerzen. Vielleicht mit der Zeit so arg, dass wir dadurch aufbrechen und ins Weinen kommen.

Und manchmal kommen die Tränen einfach so, ohne offensichtlichen Grund, sie wollen einfach raus. Wenn wir dann beginnen zu analysieren, unterbricht es diesen natürlichen Fluss sofort.

Weinen ist nicht peinlich, zeugt auch nicht von einer Schwäche. Weinen zeigt Deine Berührbarkeit! Weinen bringt uns wieder in Fluss, reinigt uns. Hast Du schon einmal so richtig herzhaft weinen müssen? Kennst Du dann die Erfahrung, wie erschöpft wir uns danach fühlen können? Das ist keine Erschöpfung weil das Weinen uns so anstrengt, es zeigt Dir auf, welche Anstrengung und Anspannung zuvor in Dir drinnen war, die sich durch den Fluss der Tränen aus Deinen Körper lösen konnte!

Wieso also erlauben wir uns Tränen nicht?

Kennst du den Satz „Ein Indianer kennt keinen Schmerz“? Ich habe ihn zu genüge gehört, wenn ich als Kind weinen musste. IndianerInnen waren meine grossen Vorbilder, also habe ich gelernt, nicht mehr zu weinen und wenn es nicht anders ging, dann ganz still und heimlich irgendwo, wo mich keiner gesehen hat. Wollte ich doch anderen gegenüber Stark sein.

Oder hast Du auch öfter die Sätze vernommen „Reiss´ Dich zusammen, anderen geht es noch viel schlimmer“? Oh ja stimmt, die anderen, die anderen, wie kann ich nur meinem eigenen Schmerz so viel Wert beimessen.

Vielleicht hast Du Dich jedoch mit der Zeit selbst davon überzeugt, dass es keinen Grund gibt zu weinen, denn aus spiritueller Sicht hast Du Dich ja selbst in diese Situation gebracht, die Dir jetzt evtl. Schmerz zufügt, also selber Schuld! Nicht der Tränen wert, findest bestimmt irgendeine Methode, Meditation oder Seminar um aus dieser Situation wieder heraus zu kommen. Auch eine ziemlich doofe Überzeugung, oder … ? Mir selbst trotzdem sehr bekannt.

Tränen sind wie Flüsse, sie waschen uns rein. Es gibt keinen Grund dich davor zu fürchten, Dich lächerlich zu fühlen oder dass es Dir sogar peinlich sein muss.

Ich kann dir heute aus Erfahrung sagen, Tränen haben ein natürliches Ende. Wir versinken nicht in einem endlosen Meer darin. Sie kommen, sie fließen, sie ebben wieder ab. Sie sind reinigend, bringen uns definitiv wieder in Fluss, heilen unseren Schmerz und öffnen uns für neue Möglichkeiten. Gib dem den Raum und die Zeit, die dafür benötigt wird. Du lernst dadurch immer mehr Deine eigene Berührbarkeit neu kennen, Dich noch mehr von dem was in Dir und um Dich herum ist, berühren zu lassen. Es ist so nährend! So befreiend!

Vielleicht kannst Du Dich Deinen Gefühlen und Deinen Tränen in kleinen Schritten wieder nähern, indem Du dir erlaubst, dass sie da sein dürfen? Dass sie zu uns gehören wie die Meere in unserer Welt? Dass es da niemanden gibt, der Dir das verbieten darf, auch Du dir selbst nicht!


 




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